Heute ist der periodische Sicherheitsbericht der Bundesregierung vorgestellt weorden. Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt, heißt es. Ich mag mich dieser alles-ist-gut-Euphorie nicht anschließen. Warum? Das ist nachhörbar in meinem Kommentar für den Deutschlandfunk.
Und wer möchte, kann den Kommentar hier nachlesen:
Nicht alles ist gut
Sicherheitsbericht der Bundesregierung
Von Claudia Sanders
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries waren sich selten so einig: Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt. Mit kleinen Einschränkungen, da die Terrorgefahr natürlich nach wie vor da sei.
Ein genauer Blick in den Bericht zeigt jedoch noch ein paar andere Fakten, die nicht ganz zu dieser Alles-ist-gut-Mentalität passen. Denn im Alltag ist es nicht die immer wieder beschworene Terrorgefahr, die den Menschen Angst einflößt, sondern eher der Raubüberfall oder der Einbruch in der Nachbarschaft. Bei den Gewaltdelikten wie Raub oder gefährliche Körperverletzung ist die Zahl der Tatverdächtigen in den vergangenen sieben Jahren um 18 Prozent angestiegen – das ist eine ganze Menge. De facto sei das aber nicht ganz so dramatisch, die Zahlen seien mit einer veränderten Anzeigebereitschaft zu erklären.
Doch ganz so einfach ist das nicht – diese Erklärung würde vielleicht noch einen kleineren Anstieg begründen, aber nicht die massive Zunahme um fast 20 Prozent. Hier gibt es offenbar doch eine gesellschaftliche Veränderung, die genau unter die Lupe genommen werden muss.
Auch eine andere Entwicklung macht nachdenklich: Während die Zahl von schweren Diebstählen abnimmt, steigt die Zahl der Vermögensdelikte kontinuierlich stark an. Das bedeutet: Statt in Häuser einzubrechen, nutzen die Täter elektronische Mitte, um an das Geld anderer zu kommen wie beispielsweise über das Onlinebanking oder den Internethandel. Meistens sind Erwachsene die Täter, die eine Vertrauensstellung ausnutzen. Im Fachjargon nennt sich das „Kriminalität der Mittelschicht“. Wer sich vor diesem Hintergrund die gerade erst verebbte Unterschichten-Debatte noch einmal vor Augen ruft, kann sich gut ausmalen, was das langfristig bedeutet: eine zunehmende Verarmung, die diejenigen in die Kriminalität treibt, die zur Mittelschicht gezählt werden.
So rosarot, wie der Bundesinnenminister die Lage schildert, ist sie also überhaupt nicht. Im Sicherheitsbericht sind zwar viele Empfehlungen nachzulesen, wie den negativen Entwicklungen entgegen gesteuert werden könnte. Doch ob das praktische Folgen hat? Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene sind in den vergangenen Jahren beispielsweise die Mittel für Projekte gegen Jugendgewalt und Rechtsextremismus radikal zusammengestrichen worden. Daneben haben die Länder seit 2001 übrigens auch noch 7000 Polizeistellen eingespart
Doch wie sagte Wolfgang Schäuble heute so schön: Die Zivilgesellschaft sei hier gefordert. Es könnten doch auch das Technische Hilfswerk oder die freiwillige Feuerwehr Jugendprojekte anbieten. Was für eine gelungene Idee, um Geld zu sparen. Vielleicht sollte Wolfgang Schäuble das nächte Mal seinen Sicherheitsbericht noch etwas genauer lesen, bevor er solche Empfehlungen abgibt.